28.06.2024

Der Wochenausblick auf KW 27

Der Wochenausblick auf KW 27. Nach dem TV-Duell in den USA verschiebt sich das politische Risiko wieder nach Europa. Die Woche steht im Zeichen der Neuwahlen in Frankreich und Großbritannien. Gleichzeitig entscheidet die EU über Importzölle gegen chinesische Elektroautos. Auf konjunktureller Seite gibt es Impulse durch neue Inflationsdaten aus Europa und den US-Arbeitsmarktbericht für Juni. Die Chefs von EZB und FED diskutieren in Sintra über den weiteren Kurs der Notenbanken. Und vor 80 Jahren begann ein historisches Währungsexperiment in Bretton Woods. Es scheiterte 29 Jahre später spektakulär.  


Samstag/Sonntag

Auf konjunktureller Seite

In China könnten sich die „offiziellen“ Einkaufsmanagerindizes (PMI) im Juni – nach dem Rücksetzer im Vormonat – zwar wieder etwas erholt haben. Die Dynamik der inländischen Nachfrage dürfte aber erneut gedämpft ausgefallen sein. Der Index für die Dienstleister hat deshalb wohl nur leicht zugelegt (Mai: 51,1 Punkte). Und das Exportgeschäft der Industrieunternehmen wird zunehmend durch die stark gestiegenen Frachtkosten gebremst (Mai: 49,5). Die Caixin-PMIs werden am Montag und Mittwoch veröffentlicht und dürften ein ähnliches Bild zeichnen.

Auf geldpolitischer Seite

Von der FED spricht Williams zur Geldpolitik.

Auf politischer Seite

In Frankreich findet die erste Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen statt. Laut aktuellen Umfragen liegt das rechte Lager um den Rassemblement National vor dem linken Lager und der Partei von Präsident Macron. Die Entscheidung über die Mehrheit in der Nationalversammlung fällt aber wohl erst in der zweiten Runde am 7. Juli durch die Stichwahlen in den Regionen. 


Montag

Auf konjunktureller Seite

In Deutschland dürfte die jährliche Inflationsrate im Juni auf 2,2% gesunken sein (Mai: 2,4). Zum Vormonat dürften die Verbraucherpreise insgesamt in etwa stagniert haben. Dämpfend auf die jährliche Inflationsrate wirkt zudem ein Basiseffekt bei den Nahrungsmittelpreisen, die sich im Vorjahr noch stark verteuert hatten.  

Auch in den USA dürfte der ISM-Index für die Industrie im Juni wieder etwas gestiegen sein (Mai: 48,7 Punkte). Auch hier wirken die gestiegenen Frachtkosten sowie der starke Dollar einer kräftigeren Erholung aber entgegen.  

Auf geldpolitischer Seite

In Sintra beginnt das jährliche EZB-Forum. Bis Mittwoch stehen dabei zahlreiche Vertreter der großen Notenbanken als Redner auf der Agenda. EZB-Chefin Lagarde macht den Auftakt. Fachlich geht es u.a. auch um die künftige geldpolitische Strategie der EZB. Von der EZB äußert sich zudem Nagel auf dem Euro Finance Summit in Frankfurt.


Dienstag

Auf konjunktureller Seite

Auch im Euro-Raum dürfte die jährliche Inflationsrate im Juni um 0,2 Prozentpunkte auf 2,4% gesunken sein. Die Kerninflationsrate hat aber wohl kaum nachgegeben (Mai: 2,9%). Im Fokus stehen die Preise für Dienstleistungen, wo die Teuerung bis zuletzt bei über 4% gelegen hat. 

In den USA werden die JOLTS-Daten für Mai zeigen, dass sich der Anstieg der neuen Stellen weiter verlangsamt hat und Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt zunehmend ins Gleichgewicht kommen. Das Verhältnis von offenen Stellen und Arbeitssuchenden sollte in Richtung 1,2 gesunken sein.

Auf geldpolitischer Seite

Auf dem EZB-Forum in Sintra sprechen Powell und Lagarde sowie von der EZB die Ratsmitglieder Schnabel, de Guindos und Elderson.  


Mittwoch

Auf konjunktureller Seite

In den USA dürfte der ISM-Index für die Dienstleister im Juni – nach dem überraschend starken Plus im Vormonat – wieder etwas gesunken sein (Mai: 53,8 Punkte). Wie in den Vormonaten stehen vor allem die Lohn- und Preiserwartungen der Unternehmen im Fokus. Aber auch die Einschätzung zur Beschäftigungsentwicklung wird zunehmend relevant für die FED.     

Auf geldpolitischer Seite

Die FED veröffentlicht die Minutes zur Junisitzung.
In Sintra sprechen von der EZB Lagarde, de Guindos, Lane und Cipollone und von der FED Williams.


Donnerstag

Auf konjunktureller Seite

In Deutschland werden die Auftragseingänge der Industrie für Mai zeigen, ob der Anstieg im Vormonat (ohne Großaufträge) mehr als nur ein Zwischenhoch war (April: +2,9%, gesamt: -0,4%). Die volatile Bewegung der Stimmungsindikatoren in den vergangenen Monaten signalisiert Überraschungspotenzial in beide Richtungen.    

Auf geldpolitischer Seite

Die EZB veröffentlicht das Protokoll zur Zinsentscheidung im Juni.

Auf politischer Seite

Auch in Großbritannien finden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Laut Umfragen ist ein hoher Sieg der oppositionellen Labour zu erwarten. Die regierenden Torries unter Premierminister Sunak könnten einen erheblichen Teil ihrer Sitze im Parlament verlieren. Neuer Premierminister dürfte Labour-Chef Keir Starmer werden. Eine zweite Runde gibt es nicht. Ökonomisch würde ein Labour-Wahlsieg zunächst wohl aber keinen völlig anderen Kurs bedeuten.

Die EU entscheidet über die Einführung von hohen Importzöllen gegen chinesische Elektroautos

In den USA bleiben die Börsen feiertagsbedingt geschlossen (Independence Day).


Freitag

Auf konjunktureller Seite

In Deutschland werden die Daten zur Industrieproduktion zeigen, ob die Talfahrt zu einem Ende kommt. Zum Vormonat ist ein moderates Plus realistisch (April: -0,4%). Eine klare Trendwende dürften die Daten aber nicht zeigen.   

In den USA dürfte sich der Arbeitsmarkt im Juni etwas abgekühlt haben. Der Arbeitsmarktbericht dürfte einen niedrigeren Stellenaufbau als im überraschend starken Vormonat zeigen (Mai: +272k). Darauf deutet auch der schrittweise Rückgang der offenen Stellen in den vergangenen Monaten hin. Damit sollte auch die Lohndynamik geringer ausgefallen sein als im Vormonat (Mai: +0,4%). Zeichen eines Einbruchs der Beschäftigung und des Konsums sollte es aber nicht geben. Die Soft Landing Hypothese der FED bliebe damit bestehen.

Auf geldpolitischer Seite

Von der EZB spricht erneut Lagarde. Von der FED äußert sich Williams.


KW 27 in historischer Perspektive

Am 1. Juli 1944 kamen in den USA die Finanzminister und Notenbankgouverneure von 44 Staaten zur Konferenz von Bretton-Woods zusammen. Kern der Konferenz war die Wiederherstellung Europas als Wirtschaftszentrum und wichtiger Handelspartner der USA. Hierfür sollten die Wechselkurse stabilisiert werden, um den Handel und die Zahlungsvorgänge zu erleichtern und ökonomische Handelsbarrieren abzubauen. Auch sollte verhindert werden, dass es zu einem Abwertungswettlauf wie in der Phase zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg kommen konnte. Letztlich einigten sich die Staaten darauf, dass alle Währungen ein fixes Wechselverhältnis zum US-Dollar einhalten sollten. Dieser wiederum wurde an den Goldpreis gekoppelt. Das Tauschverhältnis wurde auf 35 Dollar je Unze Feingold festgelegt. Um die Goldparität des Dollars zu sichern, verpflichtete sich die US-Notenbank, Gold zu diesem Preis unbegrenzt zu kaufen oder zu verkaufen. Die anderen Notenbanken verpflichteten sich dazu, durch Eingriffe an den Devisenmärkten die Kurse ihrer Währungen in festgelegten Grenzen zum Dollar zu halten. Das System hielt bis zum Zusammenbruch 1973. Zuvor hatte der damalige US-Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 die nominale Goldbindung des Dollar beendet („Nixon-Schock“).


Unsere Autoren

Dr. Johannes Mayr
Dr. Johannes Mayr

Chefvolkswirt

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