Die EU hat Anpassungen am Stabilitäts- und Wachstumspakt auf den Weg gebracht. Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Denn das Regelwerk ist zu komplex und kaum mehr überschaubar. Eine stärkere Orientierung an einfach zu messenden und politisch zu kontrollierenden Kennzahlen leuchtet ein. Insgesamt greifen die Vorschläge aber zu kurz. Die Historie zeigt, dass sich die nationalen Fiskalpolitiken durch politische Vorgaben der EU kaum steuern lassen. Das liegt weniger an der Komplexität als an den ökonomischen Anreizen. Denn die zu Grunde liegenden Sanktionsmechanismen sind nicht glaubwürdig und damit nicht wirksam. Vor dem Hintergrund einer nach wie vor hohen Anfälligkeit einzelner Länder gegen Finanzkrisen und den daraus entstehenden Risiken für die Finanzstabilität der Währungsunion sind kostspielige Rettungsaktionen der Staatengemeinschaft und der Geldpolitik zur Regel geworden und für Investoren erwartbar.
Wichtiger als Detailanpassungen am Stabilitäts- und Wachstumspakt ist deshalb eine grundsätzliche Entscheidung, ob der Weg zurück zum Maastricht-Prinzip eingeschlagen werden und der Markt für nationale Haushaltsdisziplin sorgen soll. Oder ob Fiskalpolitik und Haftungsrisiken stärker offen gemeinschaftlich getragen werden sollen. Seit der Finanzkrise wird diese Entscheidung aufgeschoben und die dadurch anfallende Last der EZB übertragen. Dieser Mittelweg ist nicht nachhaltig und ökonomisch sehr teuer. Das spiegelt sich u.a. in der Schwäche des Euro. Voraussetzung für einen Weg zurück zum Maastricht-Prinzip ist aber eine deutlich stärkere Risikoteilung über den Privatsektor. Denn derzeit sind die einzelnen Euro-Länder gegen Schocks im internationalen Vergleich besonders schlecht gewappnet. Diese Risikoteilung müsste u.a. über eine Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion erfolgen. Hier dürften die Widerstände aber zu groß sein. Denn ein zentraler Schritt ist die Einführung einer Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen. Vor diesem Hintergrund spricht vieles für eine stärkere Vergemeinschaftung auf der Ebene der Fiskalpolitik. Die enormen Herausforderungen zur Bewältigung der Energiewende und die Reform auf der Verteidigungsseite werden diesem Prozess neuen Schwung verleihen. Denn angesichts der unter Druck kommenden Leistungsbilanz muss sich Europa mittelfristig ohnehin attraktiver für ausländisches Kapital machen. So oder so, die zentrale fiskalische Weichenstellung ist überfällig und sollte nicht weiter hinausgeschoben werden.